

7th May 2015


Stanzen, Pressen, Laser- oder Wasserstrahlschneiden – wo und warum das fotochemische Ätzen eine echte Alternative zu den traditionellen Metallbearbeitungstechniken ist, wird an drei Produktbeispielen deutlich: einem Mikrofilter, einem Herzschrittmacher und einer Hörgeräte-Flachfeder.
Beim fotochemischen Ätzen werden ausgewählte Bereiche mit Fotolack und Ätzmittel chemisch bearbeitet. Die Eigenschaften des Materials werden beibehalten und die Teile bei der Bearbeitung nicht beeinträchtigt. Es entstehen grat- und spannungsfreie Kanten mit klaren Profilen.
Fotochemisch ätzen – mehr Pros als Kontras
Traditionelle Bearbeitungstechniken wie Metallstanzen, Pressen, CNC-Stanzen, Laser- und Wasserstrahlschneiden dagegen ergeben teilweise unsaubere Schnittkanten. Oft wird das bearbeitete Metall verformt, und es bilden sich Grate, hitzebeeinträchtigte Bereiche und weiße Schichten. Mit diesen Verfahren ist es deshalb schwierig, die Details und die Präzision zu erreichen, die für die immer kleineren, komplexeren und exakteren Metallteile von Medizinprodukten erforderlich sind. Da für das Fotoätzen außerdem leicht reproduzierbare und kostengünstige digitale Werkzeuge genutzt werden, stellt es auch im Bezug auf die Rentabilität eine Alternative zu traditionellen Bearbeitungsverfahren dar. Die Werkzeuge für das Fotoätzen können einfach am Bildschirm geändert werden. Dies ist innerhalb von Stunden möglich, statt von Tagen oder Wochen, wie bei traditionellen Verfahren. Somit kann die Vorlaufzeit für ein neues Medizinprodukt gesenkt werden, ebenso wie der Kostenaufwand beispielsweise für die Werkzeugeinstellungen.
In manchen Fällen – für gewöhnlich, wenn eine Anwendung mehrere Millionen Teile erfordert und die Größe und/oder Komplexität der Details weniger wichtig sind – sind traditionelle Verfahren kostengünstig. Wenn Erstausrüster aber nur ein paar Millionen Teile benötigen und Präzision entscheidend ist, dann stellt das Fotoätzen mit seinen niedrigeren Werkzeugkosten oftmals die kosteneffizientere und präzisere Bearbeitungsmethode dar. Bei der Auswahl des Verfahrens muss überdies die Dicke des zu bearbeitenden Materials beachtet werden. Traditionelle Verfahren sind für die Bearbeitung dünner Materialien weniger gut geeignet. Stanzen und Pressen sind in vielen Fällen untauglich, und Laser- und Wasserschneiden führen zu unverhältnismäßiger Hitzeentwicklung und Materialausriss. Das Fotoätzen kann bei unterschiedlichen Metalldicken eingesetzt werden. Eine Schlüsseleigenschaft ist aber, dass es auch für ultradünne Bleche und sogar nur 10 µm starke Folien geeignet ist.
Von Mikrofiltern über Beschichtungen …
All diese Faktoren sprechen für das fotochemische Ätzen in der Massenproduktion komplexer und detailreicher Metallteile und -komponenten. An Fallbeispielen für Medizinprodukte wird der Unterschied zwischen traditionellen Metallbearbeitungsverfahren und Ätztechnik noch einmal deutlich. Bei Metalldrahtgeweben für Mikrofilter müssen Öffnungen unterschiedlicher Form in eine einzige Struktur eingearbeitet werden. Das von dem Ätztechnikspezialisten Precision Micro eingesetzte Fotoätzverfahren realisiert dies bei Metalldrahtgeweben mit einer Größe von beispielsweise 1500 mal 600 mm. Die durch Fotoätzen hergestellten Metalldrahtstrukturen sind einheitlich dick, die Öffnungsformen und -größen sind scharf definiert, da sie aus einem einzigen Metallstück hergestellt werden.
Ein von Precision Micro für die Blutfiltration hergestellter Mikrofilter aus Edelstahl ist 50 µm dick. Bei einem Durchmesser von 78 mm hat er über 130.000 Öffnungen mit Durchmessern von jeweils 100 µm. Mit dem Ätzverfahren konnten im Gegensatz zum zuvor genutzten Laserverfahren alle 130.000 Löcher gleichzeitig und in einem Bruchteil der Zeit grat- und spannungsfrei geätzt warden.
Dielektrische Beschichtung in Herzschrittmachern
Der Fall eines aktiven elektronischen Medizinprodukts zeigt, dass mit der Ätztechnik neben einem komplexen Design auch besondere Anforderungen an die Beschichtung umgesetzt werden können: Precision Micro hat ein dielektrisches Beschichtungsverfahren für die Innenseite von implantierbaren Abschirmgehäusen für Herzschrittmacher entwickelt. Dort besteht die Gefahr von Störlichtbögen zwischen dem Schaltkreis und dem geerdeten Gehäuse als Folge von Spannungsspitzen oder Überspannung durch externe Stimuli. Die isolierende Beschichtung von Precision Micro wird selektiv und gleichmäßig auf die Innenoberflächen des Abschirmungsgehäuses aufgebracht. Sie ist kraterfrei, wirkt sich nicht nachteilig auf die Abschirmungswirkung des fertigen Gehäuses aus und haftet am Substratmetall.
… bis zu Hörgeräten mit dünnen Flachfedern
Auch die Herstellung von Flachfedern für Hörgeräte ist eine Herausforderung: Denn die Scheiben müssen zwischen 38 und 100 µm dünn und mit 4 mal 8 mm sehr klein sein. Entscheidend ist zudem, dass die Profile der Teile absolut glatt und die Teile insgesamt gratfrei sind. Beim Fotoätzen der Flachfedern war Precision Micro gefordert, eine äußerst geringe Abweichungstoleranz von +/- 25 µm zu fertigen. Um diese zu erzielen, waren in der Entwicklungsphase mehrere Werkzeugdurchläufe nötig. Aufgrund der digitalen Werkzeuge war dies schnell möglich. Das Fotoätzen erlaubt auch eine hervorragende Materialnutzung, so dass das Verfahren auch in diesem Punkt im Vergleich zu anderen Methoden kostengünstig ist.