
2nd November 2015
Aufgrund der Werkstoffeigenschaften nimmt die Beliebtheit von Titan und Ti-tanlegierungen bei Implantaten zu. Ein Hemmschuh sind allerdings der hohe Preis sowie die schwierige Bearbeitung. Das photochemische Ätzen ermöglicht kostengünstige Wege für den Einsatz von Titan bei rekonstruktiven Eingriffen.
Traditionelle Verfahren wie das Stanzen, Pressen, Lochstanzen, Laser- oder auch das Wasserstrahlschneiden stoßen bei der Titanbearbeitung für kleinteilige medizinische Anwendungen nicht selten an ihre Grenzen: zu viel Ausschuss, zu lange Bearbeitungszeiten, zu ungenaue Kanten und Oberflächen. Mit dem photochemischen Ätzen hingegen lassen sich die Anforderungen der Medizintechnik kostengünstig erfüllen. Precision Micro hat das Ätzen für Titan in Serienproduktion etabliert und arbeitet erfolgreich mit OEM-Anbietern von Medizinprodukten zusammen.
Bei Anwendung dieser subtraktiven Technik – dabei wird durch selektives Ätzen durch eine Fotolackmaske nicht erwünschtes Metall mit geringem Abfallaufkommen entfernt – entstehen glatte, gratfreie Teile mit klarem Profil, die bis in den Mikrometerbereich hinein präzise sind. Auch entfällt eine langwierige und aufwendige Werkzeug-erstellung wie beispielsweise beim Stanzen: Die Werkzeugerstellung erfolgt digital und ist kurzfristig und unkompliziert möglich, ebenso wie De-signänderungen.
Präzision trifft auf Wirtschaftlichkeit
Titan hat eine hohe Festigkeit, ist korrosionsfest, bindet sehr gut an den menschlichen Knochen an und bietet damit eine sichere Fixierung von Implantaten. Das Abstoßungsrisiko ist bei Titanprodukten sehr gering. Bei Schädelimplantaten ist Titan dank seiner biokompatiblen Eigenschaften häufig das Material der Wahl. Es gilt, präzise und gut sitzende Schädelimplantate zu produzieren, sei es als Maßanfertigung für einen einzelnen Patienten oder als Serienproduktion, bei der vorgefertigte Implantate entstehen, die in Notfallsituationen Anwendung finden. Je nach Bedarfsfall sind unterschiedliche Fertigungstechnologien sinnvoll, die nachfolgend vorgestellt werden.
Individuell gefertigte Schädelimplantate
Ein häufig genutztes Verfahren für die Herstellung individuell angepasster Implantate ist die additive Fertigung mittels Sinterverfahren. Hierbei wird Metall effizient geschmolzen und schichtweise zu einem 3D-Modell aufgebaut. Als Grundlage für das Modell dienen dreidimensionale Daten, die in einer 3D-CAD-Umgebung anhand der CT-/MRT-Daten des Patienten konstruiert werden. Die Anforderungen an das Netzimplantat, wie freie Beweglichkeit von Körperflüssigkeiten im Bereich der Verletzung und möglichst geringe Wärmeausbreitung in der Schädelhöhle, werden bei additiver Fertigung meist durch eine poröse Struktur gewährleistet. Diese ist durchlässig, wirkt isolierend und fördert überdies die Integration des Implantats in die Knochen.
Seriengefertigte Schädelimplantate und Netze
Natürlich ist die Maßanfertigung eines Implantats für Patienten die optimale Lösung. Jedoch können Notfallsituationen oder auch Kostenerwägungen ein vorgefertigtes Implantat erfordern, das nur noch geringfügig auf die Anatomie des Patienten angepasst werden muss. Für Schädelimplantate eignet sich dabei Netzmaterial besonders gut: Netze haben eine niedrige Leitfähigkeit und können leicht zurechtgeschnitten werden. Darüber hinaus kann sich Weichgewebe besonders gut an eine Netzstruktur anlagern. Dadurch wird das Implantat gesichert und das Einwachsen von Knochengewebe in das Implantat erleichtert.
Für die Serienfertigung kranialer Netze aus Titan ist das photochemische Ätzen das wirtschaftlichste und qualitativ beste Verfahren. Zwar gibt es ausgereifte Lasertechniken, die extrem dünne Metallstücke aus Titan zu kranialen Netzen verarbeiten können, jedoch ist dann immer noch ein Arbeitsschritt nötig, um die Bohrsenker für die Schraubenbefestigung an das Implantat anzubringen. Beim Ätzvorgang dagegen kann dies in einem Arbeitsschritt erfolgen. Die Nachteile beim Stanzen sind die teure und zeitaufwendige Werkzeugerstellung, die sich bei kleinen Chargen nicht lohnt, und die Beeinträchtigung des verarbeiteten Materials. In der Regel müssen Flächen und Kanten der Metallteile beim Stanzvorgang nachbearbeitet werden.
Das photochemische Ätzen ermöglicht eine schnelle und effiziente Fertigung. Für einen Anbieter kranialer Netzimplantate produziert Precision Micro beispielsweise vorgeformte Netzimplantate sowie Vorlagen aus Titan. Maschenweite und Form werden anhand einer Auswahl von CT-Scans erwachsener Patienten bestimmt, um die bestmögliche Durchschnittspassform zu ermitteln. Die Dicke der Netze beträgt 0,2 bis 1 mm. Sie sind zwar fest, können aber geringfügig modifiziert werden, um präzise an die Anatomie einzelner Patienten angepasst zu werden. Kanten sind gratfrei, die Oberflächen glatt und homogen. Die digitale Werkzeugerstellung ermöglicht zudem kurze Vorlaufzeiten, unkomplizierte Änderungsmöglichkeiten und eine hohe Wiederholgenauigkeit – ideale Voraussetzungen für Serienproduktionen in kleineren oder mittleren Chargen.